ANGELN AM ALTRHEIN
ANGELN AM ALTRHEIN
Als Fortsetzung meiner ANGELGESCHICHTEN erschienen im Jahr 1985 unter dem Titel ANGELN AM ALTRHEIN Erlebnisberichte vom Fischen am Kühkopf bei Erfelden und Stockstadt.
Der hessische Teil des Altrheingebietes rund um Kühkopf und Knoblochsaue ist mir seit früher Jugend bekannt und vertraut. Alljährlich führten mich Ende April oder Anfang Mai so genannte Vogelstimmenwanderungen in diesen Abschnitt der Rheinaue, anfänglich noch unter der Leitung meines früheren Biologielehrers, später in eigener Regie unternommen.
Unser Hauptinteresse galt damals der behaarten und gefiederten Fauna des Naturschutzgebietes: den Hasen, Rehen und Fasanen auf den obstbaumbestandenen Wiesen und Äckern, den Falken, Bussarden, Habichten, Milanen, Störchen und Reihern in der Luft, den Enten, Gänsen, Rallen und Tauchern im Schilf und auf den freien Wasserflächen sowie der vielfältig trillernden Singvogelwelt im wild wachsenden Gebüsch und Gestrüpp. Auch Besonderheiten der Flora wie der seltene Winterschachtelhalm, der hier in meterhohen Beständen vorkommt, entgingen nicht unserer Aufmerksamkeit. - Allein das Schuppenwild im träge dahin fließenden, unansehnlich braunen Wasser des kanalartigen Altrheinarmes schien uns keiner besonderen Beachtung wert. Zwar sahen wir im Bereich der Stockstädter Brücke des öfteren Angler, die auch hin und wieder ein handlanges Rotauge aus den trüben Fluten zogen, aber der Gedanke, hier zu angeln, rief in mir stets nur ein abwehrendes „Nein, danke!“ hervor. Allzu belastet erschien mir dieses Gewässer, litt es doch unter all den negativen Folgen, die Bevölkerungsdichte, Industrieansiedlung, Wasserver- und entsorgung, Materialentnahme und -aufschüttung, Schiffbarmachung und Freizeitnutzung mit sich bringen. Was wir dagegen als Angler - und gerade als Angler in einer zivilisationsgeschädigten Umwelt - suchen, ist doch etwas ganz anderes, nämlich: ursprüngliche, unverdorbene Natur und ebenso naturbelassene Gewässer, an denen wir in Ruhe, in Einklang mit der Natur und mit uns selbst unserer Passion nachgehen können. Begeistert war ich also wirklich nicht, als ich trotz aller Bedenken anfing, dort zu angeln. Offen gesagt tat ich es eigentlich nur, weil mir einfach nichts anderes übrig blieb. In unserem Teich, den ich bisher so erfolgreich befischt hatte, war es zu einem bis heute unerklärlichen Fischsterben gekommen, dem der ganze, von mir über Jahre hinaus eingebrachte Fischbesatz zum Opfer gefallen war. Es war ein Jammer, waren doch dabei nicht weniger als 22 Fischarten in nicht geringen Beständen und zum Teil schon fast zu kapitalen Exemplaren herangewachsen, vernichtet worden. Da der Gewässerbesitzer weder etwas unternahm, um die Ursachen oder die Schuldigen herauszufinden noch für irgendwelchen Ersatz zu sorgen, blieb mir nichts anderes übrig, als mich enttäuscht und um so manche Angelhoffnung ärmer von diesem Gewässer zurückzuziehen. So ganz zufrieden gestellt hatte mich die Angelei an jenem doch relativ kleinen Teich in der letzten Zeit sowieso nicht mehr, war sie doch dem Fischen in einem überdimensionalen Aquarium nicht völlig unähnlich.
Zudem war es mir durch eine Urlaubsabwesendheit am Jahresanfang und den Wechsel des Fischereikartenausgebers nicht mehr gelungen, eine Jahreskarte für meine geliebte Mainstrecke zu erhalten. So fühlte ich mich plötzlich ohne Angelgewässer dastehend. Ein furchtbarer Gedanke! So blieb allein der mit viel Skepsis bedachte Rhein, dessen Jahresfischereierlaubnis ja problemlos und billig zu erwerben ist. Wenn ich auch keine großen Erwartungen für die Angelei dort hegte,für den Angelalltag musste es eben genügen! Angelfesttage sollten dagegen meinen Urlaubsreisen in bessere und schönere Flusslandschaften vorbehalten sein. - So dachte ich und hatte noch keine Ahnung davon, wie viel Freude und Aufregung, welche Abenteuer und Überraschungen gerade der viel geschmähte Altrhein für mich bereithalten sollte!
Erste Aufmerksamkeit auf ihn hatten Angelfreunde in mir geweckt, die ihn schon länger befischten und eigentlich an jedem Angeltag einen oder mehrere Barsche, kleinere Hechte und Zander fingen.
Ds machte mich neugierig, zumal es gerade die Raubfischangelei war und ist, die mich am meisten faszinierte. Meine Vorliebe für sie hat zwei Gründe. Zum einen sind es die Fischarten Hecht, Barsch und Zander, die mich wegen ihres schönen und wehrhaften Aussehens und aufgrund ihrer räuberischen Lebensweise und auch der Tatsache, dass sie dann selbst vom Jäger zum Gejagten werden, am meisten interessieren. Der andere Grund liegt im Wesen der Spinnangelei selbst. Ist man beim Grund- und Posenfischen an einen bestimmten Angelplatz gebunden und braucht man dazu eine Vielfalt an Angelutensilien und Material, so ist man beim Spinnfischen frei und unbeschwert. Nur mit einer leichten Rute, einem Kescher und einer Zubehörtasche bewaffnet, immer in Bewegung bleibend, geht es von Angelstelle zu Angelstelle, fächerförmig auswerfend, und bei jedem Wurf auf neues Anglerglück hoffend. Allein schon das Gelingen eines gut gesetzten Wurfes bringt Freude und innere Befriedigung. Dabei eröffnet sich Zeit für die Beobachtung der einen umgebenden Natur und ihrer Schönheiten.
So fing ich am 8.10.1982 meine ersten beiden Flussbarsche im Altrhein, ganze 20 und 25 cm lang.
Trotzdem war ich froh darüber, dass meine Versuche Erfolg zeitigten. Zu diesen und anderen Barschen gesellten sich bald untermaßige Zander, die ich alle mit Freuden zurücksetzte. Selbst ein Tag, an dem ich nur einen Nachfahrer zu verzeichnen hatte, blieb in meiner Erinnerung nicht als umsonst zurück, gab er doch zumindest genug Motivation, um am nächsten dienstfreien Montag wieder hinaus zu fahren und erneut auf Petri Heil zu hoffen.